Der
Goldschatz von Hiddensee und die Seeschlacht bei Svolder
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Der Goldschatz
von Hiddensee (Goldschmuck von Hiddensee, Hiddenseeschmuck) ist ein
Wikingerschmuck, der zwischen 1872 und 1874 auf der Ostseeinsel
Hiddensee (westlich von Rügen) gefunden wurde. Genauer gesagt:
Er wurde in dieser Zeit öffentlich gemacht; da die Fundumstände
unklar bis mysteriös sind, kann man auch nicht mit Sicherheit sagen,
wann er tatsächlich gefunden wurde.
Wir wollen
uns hier aber auf die Dinge konzentrieren, die für das Svolder-Problem
von Bedeutung sein können; über den Hiddenseeschmuck selbst
informieren Sie sich bitte unter Reiseland-Mecklenburg-Vorpommern.de/hiddenseeschmuck.htm
Ganz
am Ende dieser Seite beantworten wir dann auch die Frage, warum es für
die Lösung des Svolder-Problems von eminenter Bedetung sein kann,
zu klären, wie der der Goldschmuck von Hiddensee auf diese Insel
gekommen ist.
Woher
kommt der Hiddensee-Schmuck, wer hat in gefertigt oder anfertigen
lassen?
U.a. durch Stil-Untersuchungen
wurde die Zeit seiner Fertigung auf das Ende des 10.Jahrhunderts
festgelegt; er dürfte etwa um 970 in Dänemark
hergestellt worden sein. Unklar ist allerdings, wem er gehörte
und wie er nach Hiddensee kam.
Der Schmuck
ist von wahrhaft königlicher Machart und wird deshalb von vielen
Wissenschaftlern als eine Auftragsarbeit für den damaligen
dänischen König Harald Blauzahn (um 910 bis 987)
angesehen. Es ist aber kaum ein Schmuck für ihn selbst gewesen;
insbesondere die geringe Grösse des Halsringes lässt
auf einen Kinder- oder Frauenschmuck schliessen.
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Wie
ist der Schmuck auf die Insel Hiddensee gelangt?
Dazu stellen
wir hier zwei verschiedene Theorien vor:
Erstens:
Vergraben während der letzten Fahrt Harald Blauzahns nach Jomsburg?
Einige Forscher
vermuten, dass er von den Getreuen Harald Blauzahns auf der Insel
Hiddensee vergraben wurde, als sie den schwer verletzten oder vielleicht
sogar schon toten König nach der Niederlage vor der Insel bzw.
auf Bornholm (sein Gegner in dieser Schlacht war übrigens
sein Sohn Sven Gabelbart) zur befreundeten Jomsburg (?) brachten.
Der Verfasser
kann dem nicht folgen:
Warum hätte
der Dänenkönig diesen Frauenschmuck mit in die Schlacht
nehmen sollen? Als Talismann? Möglich, aber wenig wahrscheinlich.
Ausserdem war
der Halsring des Schmucks bei der Auffindung doppelt gebogen (sozusagen
aufgerollt), woraus schon Rudolf Baier, der erste Direktor
des Kulturhistorischen Museums in Stralsund 1880 den naheliegenden
Schluss zieht, dass der Schmuck vermutlich in einem Keramik-Gefäss
mit einer etwa 8 cm grossen Öffnung vergraben worden ist. Die
aktuelle Forschung hat dem nichts hinzuzufügen.
Die nebenstehende
Abbildung zeigt Keramikgefässe aus der wikingischen Siedlung
Haithabu, der Vorgängersiedlung des heutigen Schleswig.
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Diese Verformung
des Schmucks deutet auf grosse Eile hin. Hätte es den
Leuten von Blauzahn auf der Fahrt von Bornholm nach Hiddensee nicht
möglich sein sollen, ein passenderes Gefäss zu finden?
Selbst schnelle und ausdauernde Ruderer brauchen für diese
Strecke mindestens einen ganzen Tag.
Warum hätte
man den Schmuck auch dort vergraben sollen? Die Jomsburg wäre
befreundetes Gebiet gewesen, da hätte es kaum einen Grund gegeben,
den Schmuck auf halbem Wege zu verstecken. Oder traute man den Verbündeten
nicht? Dann wäre es wohl auch nicht klug gewesen, den sterbenden
Anführer da hinzubringen.
Und ganz am
Rande hält es der Verfasser für eher unwahrscheinlich,
dass ein derartiger Königsschmuck in Anwesenheit vieler Menschen
vergraben werden kann, ohne dass einer der Teilnehmer irgendwann
zürückkommt, um ihn zu stehlen.
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Aber bei aller
Skepsis räumt der Verfasser natürlich ein, dass seine
Bedenken kein Beweis sind und dass es durchaus möglich
ist, dass der Schmuck durch Blauzahns Leute versteckt wurde.
Zweitens:
Vergraben im Zuge der Seeschlacht bei Svolder?
Der Verfasser
aber vertritt eine andere Theorie, die zumindest genauso
wahrscheinlich und nach seiner Auffassung wesentlich stimmiger ist.
Er folgt zunächst
der Auffassung, dass es sich bei dem Kunstwerk ursprünglich
um Schmuck aus dem Besitz von Harald Blauzahn handelt. Er könnte
schon vor seinem Tod auf seine Tochter Tyra übergegangen sein
oder nach seinem Tod auf den Sohn Sven Gabelbart, der nach der Bornholmer
Schlacht neuer dänischer König wurde.
Sven Gabelbart
arrangierte (aus rein diplomatischen Gründen) die Heirat seiner
Schwester mit dem Wendenherzog Boleslaw, dem späteren
(ersten) polnischen König Bolelaw Chobry. Es ist nicht unwahrscheinlich,
dass ein Teil Ihrer Mitgift der Schmuck war, den sie entweder schon
von ihrem Vater bekommen hatte oder jetzt von ihrem Bruder, dem
regierenden dänischen König.
Der Verfasser betont: So könnte es sich abgespielt haben,
aber Beweise dafür gibt es genauso wenig, wie für die
konkurrierende Theorie.
Die Ehe mit
Boloslaw - vielleicht war es sogar nur eine Verlobungszeit - dauerte
angeblich nur eine Woche - Tyra wollte den Slawen nicht und verliess
ihn. Dabei soll sie ihre Mitgift - was auch immer es war - in Pommern
zurückgelassen haben. Sie ging nach diesem kurzen Abenteuer
in Pommern wohl mehr oder weniger direkt nach Norwegen, wo sie den
jungen norwegischen König Olav (Olaf) Tryggvason heiratete.
Tryggvason unternahm
dann bald die Fahrt nach Polen, die in dem Svolder-Desaster endete.
Diese Fahrt
Tryggvasons nach Polen soll (!) u.a. auf Drängen seiner Frau
Tyra stattgefunden haben. Es ist ungeklärt, was der
Grund für diese Fahrt war. Diskutiert wird in diesem
Zusammenhang die Herstellung eines festen Bündnisses zwischen
den (christlichen) Herrschern Olav Tryggvason und Boleslaw. Eine
solche Achse Norwegen - Polen hätte dem Hegemoniestreben des
Dänenkönigs Sven Gabelbart vermutlich ein Ende gesetzt.
Aber auch Erbschaftsfragen bzw. die zurückgelassene Mitgift
Tyras sollen angeblich eine Rolle gespielt haben. Und schliesslich
ist beides ja auch kein Widerspruch!
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Vermutlich
auf der Rückfahrt von der südlichen Ostseeküste wurde die
kleine Flotte des Norwegerkönigs überfallen von den Schiffen
der Alliierten und zwar bei Svolder - diesem Ort, dessen geografische
Koordinaten wir suchen. Die Schlacht endete mit der Niederlage der
Norweger. Der norwegische König und seine wichtigsten Mitstreiter
sollen schliesslich über Bord gesprungen sein, um den Tod in den
Fluten zu suchen, statt den Feinden in die Hände zu fallen.
Olav
Tryggvason ist seitdem verschollen. Er fiel den Feinden weder tot
noch lebendig in die Hände. Die herrschende Geschichtsschreibung
- die sich vornehmlich auf Adam von Bremen und Saxo Grammaticus stützt
- geht davon aus, dass er durch seinen sog. "Königssprung"
ums Leben gekommen ist.
Davon abweichend gibt es überwiegend Quellen (Oddr Snorrason in seiner
Olafssaga Tryggvasonar, Olavs Hofskalde Hallfreðr Óttarsson, Ágrip, Theodoricus
monachus u.a.), nach denen Olaf immer mal wieder gesehen worden sein soll.
Ein letztes angebliches Lebenszeichen von Olav (Olafr) Tryggvason wird
noch aus den 1040er Jahren geschildert.
Das kann
so sein, muss es aber nicht. Und es spielt für die Bewertung unseres
Problems auch nur eine untergeordnete Rolle.
Interessant
ist allerdings, dass wir auch hier deutlich unterscheiden können
zwischen den Olav-freundlichen Quellen und den dänisch-informierten:
Während die isländischen und norwegischen Quellen fast durchgängig
Olavs Tod in Frage stellen, wird von Adam von Bremen und Saxo Grammaticus
sein Freitod kolportiert.
Aber
entspricht ein würdeloser Freitod wirklich der Denkweise eines erprobten
Wikingers? Flucht in auswegloser Situation galt auch damals nicht als
ehrenrührig, aber ein Freitod?
Diese
durchsichtige, unterschiedliche Darstellung wirft ein bezeichnendes Licht
auf die Frage, wie glaubwürdig die Quellen sind - auf der Seite
über die Quellenkritik setzen wir uns ausführlicher
mit dem Thema auseinander. Die Schilderung eines feigen Freitodes musste
der dänischen Geschichtsschreibung jedenfalls gut in den Kram passen.
Das Schicksal
Olav Tryggvasons ist nicht Thema dieser Arbeit; für unser Thema ("Kann
der Goldschatz von Hiddensee im Zuge der Svolder-Schlacht nach Hiddensee
gelangt sein?") wichtig
wäre aber eine Antwort auf folgende Fragen:
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Könnte
es einem Vertrauten des Königs oder ihm selbst gelungen
sein, an Land zu schwimmen? Könnte man den Goldschmuck
- nach unserer Theorie Symbol der Königinnenwürde
von Tyra von Norwegen - in aller Eile (!) in ein Gefäss
gequetscht haben, um damit an Land zu schwimmen? Ein guter Schwimmer
ist sicherlich in der Lage, einen Kilometer oder auch weiter
mit so einem Gefäss (auf dem Rücken?) an Land zu schwimmen.
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Welche
Bedeutung hätte es, wenn der Schmuck im Zuge der Svolder-Schlacht
nach Hiddensee gekommen sein sollte?
Falls
unsere Theorie richtig sein sollte, wäre der Goldschmuck von Hiddensee
also direkt mit der Seeschlacht und ihrem Verlauf in Verbindung zu bringen,
er wäre das begehrte (erste) Fundstück, über das
man weiterforschen könnte. Er wäre ein Indiz - nicht mehr, aber
auch nicht weniger - dafür, dass die Seeschlacht von Svolder vor
der Insel Hiddensee bzw. im Seegebiet zwischen den Inseln Hiddensee,
Ummanz und Bock stattgefunden haben könnte.
Bei unseren
Ausführungen über die verkehrs-
und militärgeografischen Rahmenbedingungen der Seeschlacht
gehen wir aus anderer Sicht auf diesen Aspekt ein und kommen - das sei
schon an dieser Stelle vorweggenommen - zum selben Ergebnis!
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